Die meisten Menschen leben in Mehrfamilienhäusern oder Wohnblocks und sind damit zwangsläufig auf ein gutes Verhältnis zu ihren Nachbarn angewiesen. Aber auch in freistehenden Wohnhäusern kann der Gegenüber auch mal unerwünscht nahe kommen, zu nahe – ob durch zu laute Musik, den herüberwehenden Rauch vom Grill im Garten oder das „falsche“ Parken auf der Straße. Man fühlt sich bedrängt und gestört – höchste Zeit also, das Gespräch zu suchen, bevor der Ärger und die Wut in einem weiter wachsen.
Wie in jeder sozialen Beziehung obliegt es den Akteuren, erst einmal durch aufeinander Zugehen und das offene Ansprechen der Probleme den Nachbarn – ob in einem gemeinsamen Wohnhaus oder im Nachbarhaus – auf das vermeintliche Problem aufmerksam zu machen. Oft stellt man dabei fest, dass der andere sich seines „Fehlverhaltens“ gar nicht bewusst war und vielleicht sogar nach dem ersten Gespräch Einsicht zeigt.
Vermitteln statt streiten
Man sollte das direkte Gespräch oder auch die schriftliche Bitte auf gemeinschaftliches und einvernehmliches Lösen eines Problems schon ein paar Mal versucht haben, bevor im Streitfall weiter eskaliert wird. Auch in einem späteren, möglicherweise folgenden Gerichtsprozess ist es wichtig, diese erste Phase der Problemlösung nachvollziehbar dokumentieren zu können.
Kommt man trotz nachweislicher und wohlwollender Bemühungen nicht weiter, können gemeinsame Bekannte, mit denen beide Seiten ein gutes Verhältnis pflegen, gebeten werden, zu vermitteln. Diese sogenannte Mediation ist mittlerweile in vielen Streitigkeiten eine anerkannte Methode, rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden und damit viel Zeit, Nerven und Geld zu sparen. Und gleichzeitig die Basis für ein neuerliches friedliches Miteinander zu schaffen.
Professionelle Mediatoren – oft zahlt die Rechtsschutzversicherung
Ob in Familienstreitigkeiten, auf Arbeit in Teams oder eben auch bei nachbarschaftlichen Querelen – professionelle Mediatoren, oftmals Juristen, sind dafür ausgebildet und spezialisiert, Streitfälle neutral und objektiv zu begleiten und die Delinquenten zu befähigen, miteinander zu einer für alle tragbaren Lösung oder Schlichtung zu kommen. Mittlerweile ist das Angebot auf dem Markt groß, wer im Internet recherchiert, findet schnell eine Vielzahl von Seiten mit Kontaktadressen ausgebildeter Streitlöser. Doch nicht vergessen: der Nachbar sollte unbedingt vorher gefragt werden und aufgeschlossen sein, sonst kann auch der beste Mediator nichts ausrichten.
Letzte Station: Gericht. Mit offenem Ausgang. Oder keinem.
Zehntausende Streitfälle zwischen Nachbarn landen Jahr für Jahr vor Gericht und dokumentieren damit, dass die Konfliktlösungsfähigkeit von Menschen begrenzt ist. Viele der Streitenden tendieren gerade dazu, den Gang vor Gericht zu machen, meist mit der irrigen Annahme, dass sie ohnehin im Recht seien. Bedacht wird dabei selten, dass man auch verlieren kann oder sich auf einen ebenso unliebsamen Kompromiss einlassen muss. Am Ende ist das Verhältnis zu den Nachbarn auf Dauer beschädigt, entweder vom einen oder vom anderen aus. Ob es dies Wert ist, selbst wenn man gewinnt, sollte jeder vor einer gerichtlichen Streitigkeit eingehend überlegen. Also: vor einem Streit sollte die Eskalationsspirale einmal durchdacht und mit den Vorzügen abgewogen werden, sich mit dem Nachbarn auf eine faire Lösung zu einigen, vielleicht auch, wenn man nicht ganz das bekommen hat, was man wollte. Denn in Frieden leben ist immer noch das höchste Gut eines jeden Mieters oder Hausbewohners.